Der Mai ist gekommen…
Ein so kleines Wort – ein so großes Versprechen: Mai. Es öffnet ein lange verschlossenes Tor in unserem Herzen. Dahinter ist die Welt hell und licht, voller Farben, Blüten, Heiterkeit. Der Mai macht alles bunt, auch den Alltag. Er erweckt uns aus dem Winterschlaf, der in diesem Jahr fast unerträglich lange gedauert hat. Er lässt uns wieder aufatmen. Auf dem Mai ruhen unsere Hoffnungen – immer schon. Weil er die Vorzeichen unseres Lebens ändert, aus Kalt endlich Warm macht, aus Grau so herrliches Grün.
„Blumenmond“ nannten ihn unsere Vorfahren. Wie recht sie hatten: Der Mai ist die Hauptblütezeit vieler Pflanzen: Klatschmohn, Margeriten, Vergissmeinnicht, Maiglöckchen, Pfingstrosen, Flieder – alle entfalten ihre volle Schönheit. Der Mai ist der Monat der bunten Töne, die unsere Seele munter machen: Gelb gibt uns Kraft und Energie, Rot kurbelt beim bloßen Betrachten unseren Stoffwechsel an, Orange lässt uns sinnlicher werden, Grün verbinden wir mit Wachstum und Neubeginn. Ein Feuerwerk der Farben als Signal: Jetzt geht’s los!
Und ist nicht jeder Neubeginn auch eine Chance? Auf neue Versuche, neues Gelingen. Die Energie dafür liefert der Mai gleich mit. Wir ziehen den Grauschleier von unserem Leben, packen an, was liegen blieb, misten dunkle Ecken aus, in unseren Wohnungen, unseren Gedanken. Wir wagen manchmal sogar einen Neustart: Im Mai heiraten viele Paare, verlieben sich viele Menschen. Sagen Ja zueinander, zum Glück.
Die Welt wird wieder größer. Endlich. Von wenigen beheizten Quadratmetern zieht es uns hinaus in die Weite, auf die Wiesen, in die Wälder, in die Straßencafés. Wir feiern Premieren, überall: das erste Eis, die erste Fahrradtour. Wir haben sie so vermisst: die Ausflüge ins Grüne, die Vogelstimmen, die lauen Stunden auf der Terrasse. Und, ja, die Gartenarbeit: wir beginnen zu jäten, umzugraben, zu säen. Säen – was für eine Symbolik! Für Hoffnung, Zuversicht, Freude auf das, was kommt.
Der Volksmund hat eben recht: Der Mai macht alles neu. Seine Namensgeberin, die römische Göttin Maia, galt als Göttin der Magie. Und tatsächlich gleicht der Auftakt ihres Monats einer spritzigen Zaubershow. Mit der Walpurgisnacht zum 1. Mai werden dem Winter Beine gemacht, Hexenfeuer treiben die bösen Geister trüber Tage aus, beim Tanz in den Mai feiern wir die pure Lebenslust.
Genießen wir diesen Start in eine leichtere Zeit. Freuen wir uns auf das Vorspiel des Sommers. Tänzeln wir beseelt von Frühlingsgefühlen durch die nächsten Wochen. Lieber Mai, wir haben auf dich gewartet. Dieses Jahr mehr denn je. Martin Kriegel