GEDANKEN ZU WEIHNACHTEN
Bald, zu Weihnachten, feiern wir die Geburt eines Kindes. Wir denken daran, dass Jesus in die Welt gekommen ist, indem er so wie alle Menschen geboren wurde. Allerdings wurde er unter sehr schwierigen Bedingungen geboren. Statt Arzt und Hebammen standen ihm und seinen Eltern Ochs und Esel zur Seite. Da in den Herbergen kein Platz für sie war, und sie nur in einem Stall Unterschlupf finden konnten, waren sie ganz allein auf sich gestellt. Wir gut, dass es bei der Geburt nicht zu Komplikationen gekommen ist und Mutter und Kind anschließend wohlauf waren.
Wenn sich das aber so nicht ereignet hätte, wenn Jesus heute geboren würde, wenn er nicht in Israel, sondern in Deutschland, in Hamburg zur Welt kommen würde, wo würden wir ihm dann begegnen?
Eine Situation wie damals in Israel, wo alle in ihren Heimatort gehen mussten, um sich registrieren zu lassen, ist heute überhaupt nicht vorstellbar. Aber das viele Leute gleichzeitig unterwegs sind und die Hotels, Gasthöfe, Jugendherbergen usw. alle völlig überfüllt sind, das kennen wir auch. Doch wenn das Hotel überbucht oder der letzte Zug verpasst wurde hilft in Hamburg die Bahnhofsmission oder die Polizei. Josef wäre heute wohl kein Zimmermann, der mit seiner schwangeren Frau noch kurz vor der Geburt eine Reise macht, sondern vielleicht ein Zimmermann aus einem anderen Land, der in der Hoffnung auf ein besseres oder sicheres Leben nach Deutschland gekommen ist. So, wie z.B. die vielen Menschen, die aus Syrien fliehen mussten. Für diese Menschen haben wir inzwischen viele Hilfsangebote, und vor allem Unterkünfte, in denen sie wohnen können. Wir haben ein gut ausgebautes soziales System, das Regelungen enthält, die dafür sorgen sollen, dass niemand auf der Straße übernachten muss.
2015, als viele Geflüchtete in Deutschland ankamen, war dieses System sehr überlastet, aber inzwischen funktioniert die Versorgung. Da der Bedarf zurückgeht, werden inzwischen Unterkünfte geschlossen. Trotzdem gibt es auch hier und jetzt Menschen, für die es kein Obdach gibt: Obdachlose, die von den Hilfsangeboten nicht erreicht werden. Oder Osteuropäer, die hier zwar arbeiten dürfen, aber keine Hilfe erhalten, wenn sie keine Arbeit finden. Oder Menschen, die hier Schutz suchen, und doch abgeschoben werden. Und sicherlich gibt es noch viel mehr Situationen, in denen Menschen in Deutschland nicht wissen, wo sie hinsollen, weil sie keine Wohnung haben.
Jesus würde heute in Deutschland vielleicht in einem Krankenhaus zur Welt kommen und nach einen rundum-gut-versorgten Aufenthalt mit seiner Mutter in ein zu Hause entlassen, wo alles vorbereitet ist, die Familie wartet und das Baby freudig empfängt. Oder ist es nicht wahrscheinlicher, dass Jesus uns heute eher in einer Unterkunft begegnet, bei einer Familie, die ängstlich und mit Sorge in die Zukunft schaut, von der sie nicht weiß, wie sie aussehen wird? Vielleicht ist er auch bei einer Familie, die gerade in ein Kirchenasyl aufgenommen wurde. Dann wäre er heute vielleicht bei uns. Aber nur für kurze Zeit.
Elisabeth Kriegel, Caritasausschuss