OSTERN 2021

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern, liebe Brüder!

Das Evangelium am Gründonnerstag sagt: „Es fand ein Mahl statt und der Teufel hatte Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, schon ins Herz gegeben ihn auszuliefern.“

Dieser Satz verleitet dazu, dieser Judasfigur etwas nachzugehen. Heute wird wieder neu über Judas nachgedacht. Seit dem letzten Abendmahl erscheint Judas als der Ausgestoßene, der in sein Verderben rennt. Die Judasdiskussion führt zu der Frage: „Wer war Judas wirklich?“

Judas ist in der jungen Kirche sehr schnell zur Symbolgestalt des Bösen geworden. Exegeten sagen, dass das Judasbild sehr vielschichtig ist. Es lässt sich nicht eindeutig klären, was an seiner Gestalt als historisch zu gelten hat. Wenn der Evangelist Johannes von „den Juden“ spricht, dann ist das nicht als eine Namensbezeichnung für die historischen Juden gemeint. Es ist ein theologischer Begriff und meint die Menschen, die Jesus nicht als Messias anerkennen wollten. Johannes schreibt in seinem Evangelium ausdrücklich: „Das Heil kommt von den Juden.“

Papst Johannes Paul II. sprach von Ausschwitz als dem Golgota des 20. Jahrhunderts und erklärte: „Die Juden sind unsere älteren Schwestern und Brüder.“

Bei genauem Hinsehen lässt sich Judas im Neuen Testament nicht als Hassfigur, sondern als tragische Gestalt entdecken. Karl Barth sagt: „Genau genommen wird kein einziger Stein auf Judas geworfen.“

Es überwiegt die Trauer über sein Schicksal. Es wird berichtet, wie er seine Tat bereut und selber fassungslos reagiert, als Jesus zum Tode verurteilt wird. Judas ist nicht ohne weiteres der aalglatte Verräter. Er ist im Grunde ein „armer Judas“. Ein innerlich zerrissener Mensch, der an seiner Schuld zerbricht. Und jetzt steht Judas nicht mehr allein da. Er hat plötzlich tausend Gesichter. Jede und Jeder von uns kennt Stunden der Verwirrung, der Versuchung, der Sünde und der Schuld. In jedem Leben kommen Krisen und Konfliktsituationen vor, von denen ich nicht weiß, wie ich dadurch komme. Ich gerate auf Irrwege. Ich entdecke auch Judas in mir selbst.

Beim Nachdenken über die Gestalt des Judas wird deutlich: Ich muss Jesus in die Mitte meines Lebens stellen, und mein Leben mit all seinen Brüchen, Verstrickungen und schuldig werden, an Jesus ausrichten und IHM im Gebet alles hinhalten.

Das Abschiedswort Jesu: „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben“, wird dann eine neue Aussagekraft für mein Leben haben.

Liebe Schwestern, liebe Brüder ich wünsche Ihnen ein gesegnetes und frohes Osterfest.

Ihr Diakon Roland Rybak